Närrischer Höhepunkt der Belegabgabepflicht

Der Närrische Höhepunkt der Bonpflicht ist für uns erreicht. Die von uns eigentlich für Politiker gedruckten Bons wollten diese nicht einmal haben, obwohl sie es ins Gesetz geschrieben haben. Man hat uns sogar angemahnt, dass es „sehr kontraproduktiv“ sei, der Politik die Belege zu überlassen.

Wir haben sie daher nun an andere Narren verteilt, die wohl etwas damit anzufangen wussten und viel Vergnügen damit hatten, wie man sieht.

Für uns ist das Kapitel Belegausgabepflicht damit vorerst abgeschlossen. Die ganze Story gibt es bei uns im dem Blog.

Viele Bilder zu unseren Aktionen auch auf Facebook, in diesem Album.

Und ganz entscheidend: Der Stemke druckt nicht!

Helau !!!

Der Stemke druckt nicht

Beim Thema Belegausgabepflicht kommt die Sache nicht voran.

Die Finanzbehörden genehmigen keine vom Gesetz vorgesehenen Befreiungen, weil der Gesetzgeber nicht erklärt, was eine dafür notwendige Härte sei und eine bundeseinheitliche Abstimmung auch 3 Jahre nach Verabschieden des Gesetzes immer noch aus steht.

Die Bundespolitik wiederum schiebt den Schwarzen Peter den Ländern und den Läden zu. Die Länder könnten doch individuell entscheiden und die Läden hätten doch 3 Jahre Zeit gehabt, eine Lösung zu finden.

Da wir keine Lust auf eine teure und stressige Klage vor dem Finanzgericht haben, werden wir unseren fundierten Einspruch gegen die Ablehnung der Befreiung zurück ziehen. Kein Einspruch hat Aussicht auf Erfolg. Egal wie fundiert er auch sein mag.

Technische Lösungen

Als technische Lösung wird derzeit die QR-Code-Lösung auf Kassen immer populärer.

Dazu wird der Beleg auf einer Site im Internet gespeichert. Das Kassendisplay zeigt einen QR-Code mit einem Link zum Download des Belegs an. Jeder, der den Code scannt, erhält eine Kopie des Belegs.

Dazu benötigt der Kunde im Laden ein Mobiltelefon und eine funktionierende Internetverbindung. Außerdem benötigt man noch eine App, die einem die Belege speichert. Das passiert in der Regel ebenfalls in einer Cloud.

Die Anbieter der Clouds können Das Geschäft und den Kunden entsprechend analysieren. Man weiß jetzt, wann der Kunde Schokolade kauft, wie viel Diesel er tankt und wie oft er was in der Apotheke abholt. Außerdem kann man den Kunden tracken. Auch die Daten des Verkaufspersonals und der Geschäfte lassen sich analysieren.

An der Kasse benötigt der Kunde zudem ausreichend Zeit, um zu bezahlen und den Code zu scannen. Bei uns bleiben ihm dafür ca. 1-20 Sekunden, bis der nächste Kunde an der Kasse bedient wird.

Die QR-Code-Lösung ist damit zwar gesetzeskonform bezüglich des Bon-Gesetzes, aber nicht praxistauglich und zudem ein Datenschutzalbtraum.

Die Stemke-Lösung

Wir haben zur Lösung des Problems eine eigene Software entwickelt. Bei uns kann man nun den eBon per eMail erhalten. Wenn man das will. Per Papier geht natürlich auch.

Der eBon wird bei uns sofort beim Abschluss des Verkaufsvorgangs elektronisch gespeichert und signiert. Der Kunde kann an einem Terminal seine eMail-Adresse und die ID des Bons eingeben. Über eine mit TLS gesicherte Verbindung wird die Mail dann an das Mailkonto des Kunden übertragen.

Wir nutzen dazu keine Drittanbieter. Alle Daten bleiben bei uns im Haus, bis auf die versendete eMail.

Diese Lösung lassen wir derzeit noch vom Landesbeauftragten für den Datenschutz bewerten. Je nach Ergebnis werden die Kundendaten dann sofort nach Versand der Mail gelöscht, falls wir sie nicht archivieren müssen.

Der Kunde kann am Kundendisplay erkennen, dass der Vorgang gebucht wurde. Ebenso jeder andere Kunde mit Blick auf das Kundendisplay.
Der Kunde kann am Kundendisplay erkennen, dass der Vorgang gebucht wurde. Ebenso jeder andere Kunde mit Blick auf das Kundendisplay.

Belegausgabepflicht – Besuch aus Berlin

Der Kunde kann am Kundendisplay erkennen, dass der Vorgang gebucht wurde. Ebenso jeder andere Kunde mit Blick auf das Kundendisplay.

Unser Bundestagsabgeordneter, Herr Lange von der SPD, hat uns am Donnerstag besucht. Er wollte eine Butterbrezel und einen Bon. Zwei Kunden zuvor wollte eine Kundin nicht einmal ihre Brote verpackt haben. Um Müll zu sparen, verschwanden die Brote unverpackt in ihrer Tasche. Immer mehr Kunden wollen das so.

Die Presse war auch da. Sie hätte gerne ein Foto mit Herrn Lange vor unserem Bon-Wasserfall gemacht. Das lehnte er als populistisch ab. Als Alternative ließ er sich mit seinem Bon ablichten.

3 kg Bons fallen pro Woche an. Das sind im Jahr 150-200 kg und sorgt für Kosten von etwa 8000 €.
3 kg Bons fallen pro Woche an. Das sind ca. 5 große Mülltonnen pro Abholung, im Jahr ca. 150-200 kg Papiermüll. Das sorgt für Kosten von etwa 8000 € pro Jahr.

Das Gespräch war teilweise sehr intensiv. Generelle Branchen-Lösungen lehnt der Politiker ab. Für sich nahm Herr Lange als wesentliche Erkenntnis mit,  dass man Härtefälle nicht unbedingt am Umsatz fest machen sollte, sondern eher an Zahlen wie dem Kundendurchsatz in der Stunde pro Kasse. Insgesamt halten wir aber auch das für eine Krücke. An „lokalen Gegebenheiten“ möchte der SPD-Politiker Härtefallregelungen aber nicht fest machen. Das sei zu unscharf. Wir wissen dennoch nicht, wohin mit dem Müll. Im Haus ist kein Platz für 6 weitere Mülltonnen für Bons, die Herr Lange gedruckt aber sonst auch nicht haben will.

Herr Lange warnte davor, die gewollt ungewollten Bons an Politiker oder Finanzämter, etc. zu versenden. Das sei kontraproduktiv und würde eher das Gegenteil bewirken, auch wenn inzwischen über 1100 Kunden uns schriftlich dazu auffordern.

Beim Verlassen des Ladens hat er dann fast noch seinen Beleg liegen lassen. Wir haben ihn freundlich daran erinnert. Sicherheitshalber wollte der Politiker dann noch  wissen, ob er die gebrauchte Serviette auch mitnehmen müsse oder ob er die liegen lassen dürfe … Darf er.

Wir haben inzwischen den Besuch rekapituliert und uns entschieden, auf entscheidende Fragen aus dem Gespräch nochmals schriftlich einzugehen. Im Folgenden veröffentlichen wir diese Überlegungen:

 

Sehr geehrter Herr Lange,

nochmals vielen Dank, dass Sie sich die Zeit dazu genommen haben, uns zu besuchen.

Ein Knackpunkt in unserem Gespräch war Ihre Frage, wie man Steuerbetrug verhindern kann. Auf diese Frage möchten wir hier nochmals ein gehen.

Wie Steuerehrlichkit sicher stellen?

Wir halten Bons, die hinter der Ladentheke direkt in einen Mülleimer gedruckt werden, für gänzlich ungeeignet.

Bei unseren Recherchen ist dieses Vorgehen gerade in Geschäften mit vielen Kunden, die schnell abgefertigt werden, das hauptsächliche Vorgehen.

Wir halten folgendes Vorgehen für geeignet:
  • TSE-fähige Kasse
  • Anzeige am Kundendisplay, dass korrekt gebucht wurde
  • vorerst keine massenhaft elektronischen Bons
  • klare Regelungen zur Frage, was sind Härtefälle und welchen Auslegungsspielraum haben die Behörden
  • Bon Drucken ausschließlich dann, wenn der Kunde einen Bon aktiv fordert oder der Druck aus anderen (z.B. gesetzlichen) Gründen notwendig ist 
Der Kunde kann am Kundendisplay erkennen, dass der Vorgang gebucht wurde. Ebenso jeder andere Kunde mit Blick auf das Kundendisplay.
Der Kunde kann am Kundendisplay erkennen, dass der Vorgang gebucht wurde. Ebenso jeder andere Kunde mit Blick auf das Kundendisplay.

Begründung:

Wir haben hier versucht, über unsre eigenen Bedürfnisse hinaus zu blicken und die Bedürfnisse aller Beteiligten zu berücksichtigen.

Umwelt- und Klimaschutz

Gerade Umwelt- & Klimaschutz schreien geradezu danach, Dinge nicht zu produzieren, die nicht notwendig sind. Bons nicht zu drucken, wenn es nicht notwendig ist. Die überwältigende Mehrheit der Bürger lehnt den Druck ab.

Das Scheinargument „Werbeprospekte machen noch mehr Müll“ zieht auch nicht. Auch hier könnte man gesetzlich regeln, dass Werbung nur in Briefkästen geworfen werden darf, auf denen „Bitte Werbung einwerfen“ drauf steht. Das würde diesen Müll schlagartig minimieren. – Man kann vieles sehr einfach tun, wenn man will (wie man auch die Kohlekraft weitgehend sofort abschalten könnte, aber wir schweifen ab…).

Sicherheit, Kontrolle & Datenschutz

Das Drucken des Bons soll ja sicherstellen, dass jeder Vorgang gebucht und damit steuerlich erfasst wird. Dass gebucht wird ist überall dort, wo Personal die Kasse bedient, ja schon im Eigeninteresse des Unternehmens. 

Würde das Unternehmen das nicht fordern, könnte es auch Diebstähle durch Personal nicht erfassen, da ja die Kasse grundsätzlich einen falschen Kassenstand anzeigen würde.

Würde das Unternehmen die Mitarbeiter dazu auffordern, nicht korrekt abzurechnen, wäre das Unternehmen durch den Mitarbeiter erpressbar und würde dem Mitarbeiter einen Anreiz bieten, auch selbst in die Kasse zu greifen. Das will man sicher auch nicht.

Spätestens bei der Prüfung durch das Finanzamt würde dann die Diskrepanz zwischen Wareneinkauf und Warenverkauf auffallen.

Sprechen Sie einmal mit der Kriminalpolizei. Diebstahl durch Manipulation der Kasse durch Mitarbeiter ist ein typisches Vorgehen entsprechender Ladendiebe im eigenen Hause. Diese können Sie jedoch anhand der Log-Daten der Kasse überführen. Das kann das Finanzamt bei einer Kassenprüfung auch.

Druckt man alle Bons, stellt dies ein Datenschutz-Problem dar. Daher müssen Bons auch datenschutzkonform vernichtet werden. Elektronische Bons stellen ein besonders hohes Datenschutzprobleme dar (Big Data). Das sind unsere Eindrücke nach ersten Gesprächen mit der Landesdatenschutzbehörde Baden-Württemberg. Eine schriftliche Stellungnahme der Behörde steht noch aus. Sie soll wohl noch einige Wochen in Anspruch nehmen.

Uns selbst ist es mit Leichtigkeit gelungen, einen elektronischen Bon einer 570 km entfernten Bäckerei zu erhalten. Wie ist das dann erst für professionele Hacker? Man kann ja inzwischen auch Fingerabdrücke und Iris-Scans von Handybenutzern über das Internet anfertigen.

Über das Internet
Über das Internet „geklauter“ Beleg

Bis zur Bewertung des Datenschutz-Risikos und der Datensicherheit sollten Unternehmen und Kunden gerade nicht dazu ermutigt werden, solche Lösungen zu nutzen. Erst wenn der Datenschutz von Kunden und Verkaufskräften gewahrt werden kann, kann man eine entsprechende Lösung erwägen.

Eine ausreichend deutliche Anzeige auf dem Kundendisplay, die für den Kunden nachvollziehbar erkennbar macht, dass korrekt abgerechnet wurde, sollte ausreichend sein. Eine baulich separate, physikalische grüne Lampe, halten wir für populistischen Unsinn. Eine solche Vorrichtung dürfte ebenfalls leicht manipulierbar sein.

Wir halten eine solche Lösung auch gesellschaftlich für gefährlich. Sie fördert das Misstrauen der Gesellschaft untereinander. Sie selbst gaben ja an, dass ein solches Instrument die soziale Kontrolle durch Mitmenschen bewirken soll. Laien sind jedoch eine schlechte Polizei. Beamte erhalten nicht ohne Grund eine spezielle Ausbildung für ihr jeweiliges Themengebiet.

Es gibt auch Bedienvorgänge, bei denen keine Abrechnung gemacht wird. Zum Beispiel wenn der Lieferschein schon vorbereitet ist und auf Rechnung bezahlt wird oder wenn Kunden schon bezahle oder zurück gelegte Ware abholen. Das kann auch komplett ohne Intervention einer Verkaufskraft erfolgen. Der Kunde kennt seine bereit gelegte Ware und nimmt sie an der Ladenschlange vorbei einfach mit. Ohne Kontext kann ein weiter entfernter, sachfremder „Spitzel“ gar nicht sicher bewerten, wann ein Vorgang noch gebucht werden muss oder ggf. bereits im Vorfeld gebucht wurde.

Wie sind denn die Zahlen, dass Kunden Unternehmen anzeigen, die Kundenvorgänge oft nicht tippen?

Bei unseren Gesprächen mit Kunden sind uns auch Kunden begegnet, die sich darüber aufgeregt haben, dass Laden X oder auch Y das Geld einfach in die Kasse werfen würde, ohne zu tippen. Angezeigt hat ein solches Vorgehen keiner. Auch die Nachfrage, ob das entsprechende Unternehmen ggf. einfach eine offene Kasse geführt hat, konnte man nicht sicher beantworten.

Wir schätzen, dass TSE dem wesentlichen Betrugspotential den Boden entzieht und ein Drucken der Bons selbst nicht notwendig ist. Die Steuergewerkschaft, also ein Bund von Steuerfachleuten, sieht dies ebenso. Warum also an problematischen Vorgehensweisen festhalten?

Wenn Sie das Risiko anders einschätzen, hätten wir gerne Einblick in entsprechende Risikountersuchungen.

Auch Vorgaben zu Härtefallregelungen, wie „Kassenvorgänge pro Stunde“ werden im Zweifel imm Einzelfall der Sache womöglich nicht gerecht und sind nur eine Nachbesserungslösung um ein nicht ganz ideales Gesetz herum.

Sie haben die Frage aufgeworfen, warum relativ wenige Unternehmen sich gegen die Bonpflicht auflehnen. Ähnlich klingen auch Vorwürfe, dass nun die am lautesten schreien würden, die zuvor am meisten betrogen hätten. Dagegen verwehren wir uns

Genausogut könnten wir die umgekehrte Frage aufwerfen. Warum wollen so viele jetzt nur nicht auffallen und die Füße still halten…? (Weil es z.B. der Steuerberater so empfiehlt?) Solche Meta-Diskussionen führen nicht wirklich weiter.

Bei Gesprächen ist uns aufgefallen, dass viele Geschäftsleute die Sache gar nicht abschätzen können und auch keine Zeit haben, sich weiter damit zu beschäftigen, außer sich neben der Arbeit darüber aufzuregen.

Ein Bäcker ist in der Regel ein Bäcker. Der kann Ihnen erzählen was im Mehl oder dem Sauerteig passiert. Wie eine Kasse funktioniert kann er in der Regel nicht bewerten. Wenn man ihm sagt, er müsse eine neue Kasse kaufen, kauf er eine neue Kasse und sorgt dafür, dass der Kunde das bezahlt. In der Regel weiß der Bäcker nicht einmal, wie er die Kasse umprogrammiert, so dass sie den Bon druckt oder dass sie das Logo nicht mehr druckt. Bon-Vorlagen sind oft in einer eigenen Programmiersprache verfasst. Im Anhang der Bon, den Sie bei uns erhalten haben, wie er in unserem Kassensystem hinterlegt ist, zusammen mit über 200 weiteren Bon-Skript-Programmcodes.

Weitere Fragen

Im Anschluss noch einmal die Fragen, die wir vorbereitet hatten, auf die wir im Gespräch jedoch nicht oder nur verkürzt eingehen konnten. Eine Antwort würde uns dennoch interessieren. Teilweise haben wir die Fragen noch ergänzt:

  1. Warum konnten Politik, Finanzministerium & Finanzbehörden, Fachleute in dem Thema, in den letzten 3 Jahren die Unklarheiten nicht klären?
    1. Unmöglichkeit der Befreiung; Unklarheit, was ist „Härte“
    2. Finanzbehörden weisen auf die notwendige, fehlende, bundeseinheitliche Regelung zur Auslegung des 3 Jahre alten Gesetzes hin
    3. Herr Lange weist auf die Eigenzuständigkeit der Länder hin
    4. Was denn nun?
    5. Die Kanzlerin sagte in ihrer Rede, Umweltschutz kann ein Befreiungsgrund sein
    6. Umweltschutz steht in der Verfassung als Staatsziel; zählt hier aber nicht
    7. Wie stellt sich die Politik vor, dass eBons kompatibel mit allen Kunden ausgetauscht werden, ohne dafür einen Industriestandard zu setzen?
    8. Was ist mit Kunden ohne Handy? Wer stellt denen eines?
  2. Welche Gedanken hat sich der Gesetzgeber zum Datenschutz gemacht?
    1. speichert man oder der Kunde den eBon in der Cloud, kann der Cloud-Anbieter ein ausführliches Persönlichkeitsprofil inkl. Krankheiten erstellen, von Kunden und unseren Mitarbeitern
    2. speichert man auf dem Handy … Datenschutz & Datensicherheit sind da ein Alptraum
    3. speichert der Kunde, speichert er personenbezogene Daten der Mitarbeiter der Unternehmen, inkl. „Leistungsdaten“ (z.B. Geschwindigkeit der Bedienung). Welche Rechte hat der Mitarbeiter gegen die speichernde Stelle / die Kunden?
  3. Warum ist ein Bon, der nicht ins Altpapier darf, überhaupt erlaubt?
    1. Warum keine klare Kennzeichnungspflicht für Restmüll-Bons?
  4. Wie ist der Klimaschaden durch die Bonpflicht?
    1. Wie wird dieser kompensiert? Das CO2 muss ja wieder raus, aus der Luft.
  5. Welche Kosten entstehen Unternehmen verschiedener Größenordnungen bei der Einführung der Belegausgabepflicht?
  6. Welche Kosten entstehen der Wirtschaft? Welche den Kunden?
  7. Wie sieht die Umweltbilanz aus, vergleicht man eBon mit Papierbon? 
    1. Wie können wir die berechnen?
    2. Ein elektronisch gespeicherter Bon benötigt ja immer Strom, bis er gelöscht wird. Das Papier eines Papierbons verursacht ca. 1 g CO2.

Kassenbon-Skript

In unserem Kassensystemverzeichnis sind über 200 solcher Dateien / Skripte hinterlegt, die die Darstellung der verschiedenen Ausdrucke steuern. Von welchem Bäcker / Nähstübchen / Frisur / etc. / nicht IT-Spezialisten erwarten Sie, dass er hier wie Anpassungen vor nehmen soll? Wenn Sie da einen Fehler machen, druckt die Kasse falsch, gar nicht mehr oder die Kasse stürzt ab, etc. Wenn Sie dann nicht wissen, wie sie das aus dem Backup heraus reparieren oder ob Sie ein Backup haben …

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[<>]Ihr Ansprechpartner zur Belegausgabepflicht:
[<>]Bundesministerium der Finanzen, 03018-6820
 
[<>]Ihr Ansprechpartner in der Politik:
[<>]Norbert Barthle, MdB, CDU, 07171-779364
[<>]Christian Lange, MdB, SPD, 07171-39428
 
[<>]ÖkoBon! DARF INS ALTPAPIER! Ungiftig! Lebensmittelecht!
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Zusatzfrage:

Welche Rolle spielt der Kassenhersteller LocaFox, der zu 50% der SPD gehört und nun mit Epson als Partner die erste TSE-konforme Kasse auf dem Markt hat? (zumindest ist uns kein weiterer Anbieter bekannt, der bereits TSE liefert)

Belegausgabepflicht

Wir gehen in die zweite Woche.

Da es nach unserem Besuch bei unserem Bundestagsabgeortneten Herrn Barthle gelungen ist, die CDU/CSU recht schnell zu überzeugen, hängt es nun an der SPD.

Die SPD

Die SPD machte auch in der Bundestagsdebatte vom 13.12.2019 deutlich, dass sie an der Belegausgabepflicht festhalten möchte. Ebenso der neue SPD-Vorsitzende Walter-Borjans.

Daher haben wir uns heute an ihn und die Redner der SPD gewandt und laden diese zu uns ein:

Sehr geehrter Herr Walter-Borjans,
Sehr geehrte Frau Arndt-Brauer,
Sehr geehrter Herr Schwarz,
Sehr geehrter Herr Binding,

Sie stellen uns in Ihrer Rede im Deutschen Bundestag oder in Presseartikeln als vermeintliche Betrüger hin, die jetzt den Umweltschutz entdecken würden. Dagegen möchten wir uns sehr deutlich verwehren!

Wir haben auch überhaupt nichts gegen sichere Kassen, auch wenn wir es unverständlich finden, dass angeblich 1,5 Mio der für 2017 angeschafften Kassensysteme verschrottet und ersetzet werden müssen.

Ihre Vorstellungen zur Belegausgabepflicht sind jedoch in unseren Augen praxisfremd und auch zur Kassennachschau wenig hilfreich. Einige Punkte dazu listen wir in unserem Blog auf: https://www.stemke.gd/belegabgabepflicht-erzwungener-muell-und-klimaschaden/

Ihren Aussagen entnehmen wir, dass Sie schon lange nicht mehr selber beim Bäcker eingekauft haben und keinen Einblick in den Verkaufsprozess haben.

Gerne möchten wir Sie daher zu einem Besuch in unsere Bäckerei einladen, am Besten zum Samstag Vormittag. Dann können wir uns in einem sachlichen Gespräch, mit Live-Einblick in die Arbeitsabläufe an der Theke, zum Thema unterhalten.

Dann können Sie uns auch gerne zeigen, wie sie einen Bon auf eine Brötchentüte Drucken, wenn Sie die Tüte während des Kundengesprächs nach und nach Befüllen und erst am Ende wissen, was wirklich drin ist, oder wenn der Kunde keine Verpackung will (eine Brezel auf die Hand) oder seine eigene Verpackung mit bringt, was immer häufiger geschieht.

Sie können uns dann auch angeben, wie viel länger ein Verkaufsvorgang dauern soll. Daher würden wir uns besonders freuen, wenn Sie an einem Samstag vormittag kommen. Dann können Sie das auch mit unseren Kunden in der Schlange besprechen.

Auch sind wir gespannt auf Ihre Ideen zur Aufbewahrung der 98% ungewollten Bons. Unsere Kunden, die die Bons nicht wollen, wollen, dass wir diese nicht gewollten Bons als Dienstleistung für unsere Kunden an verantwortliche Personen der Politik schicken die wollen, dass die Bons gedruckt werden. Also zum Beispiel an Sie. Dazu liegen uns derzeit 700-800 Unterschriften von unseren Kunden vor. Das dürften mehrere Pakete die Woche werden. Andere Bäcker und Branchen wollen ebenfalls eine solche Dienstleistung anbieten.

Auch geht es um mehr als Umweltschutz. Sie müssen die Bons, die der Kunde nicht will, nach Auskunft des Datenschutzbeauftragen datenschutzkonform vernichten. Sie müssen den Müll handhaben, etc.

Ebenfalls interessiert uns, was wir tun müssen, um keine Kasse führen zu müssen und wie das bei unterschiedlichen Umsatzsteuersätzen funktionieren soll. Sie geben an, dass keine Kassenpflicht bestehen würde. Unser Steuerberater sagt klar, dass wir keine offene Kasse führen dürfen, sondern eine elektronische Kasse führen müssen. So haben wir 2016 in neue, teure Kassen investiert, von denen wir jetzt nicht wissen, ob wir das System so in 2020 weiter betreiben können. Vor 2017 konnten wir Jahrzehnte alte Kassen problemlos verwenden … und die haben fälschungssicher, komprimiert auf Papierrollen aufgezeichnet …

Mit freundlichen Grüßen,
Jürgen Stemke
 
PS: Auch haben Sie offenbar nicht mit bekommen, dass die Finanzämter keine Befreiungen ausstellen dürfen (Maulkorberlass), weil sie auf eine bundeseinheitliche Vorgabe warten müssen (obwohl sie doch 3 Jahre Zeit hatten #hust – bitte werfen sie einem Bäcker in seiner Backstube nicht vor, er würde sich mangelhaft vorbereiten, wenn Ihre eigenen Behörden noch schlechter vorbereitet sind!). Auch scheint Ihnen neu zu sein, dass wir auch beim elektronischen Zahlungsverkehr keinen Beleg ausdrucken, weil es der Kunde das so will.
 
PPS: Ebenso möchten wir darauf hinweisen, dass Bäcker bei der Bewertung der Finanzverwaltung im Bezug auf „Hochrisikobetriebe“ mit 2% die kleinste gelistete Randgruppe sind.

Antworten

Update 12 Montag + Dienstag:

Frau Arndt-Brauer und Herr Binding haben geantwortet. Beide gehen sie nicht auf unsere Einladung ein.

Frau Arndt-Brauer „ist bewusst, dass das [die Belegausgabepflicht] mit Sicherheit nicht für alle Unternehmen … die beste aller möglichen Lösungen ist.“

Sie weist  auch darauf hin, dass wir ja 3 Jahre Zeit gehabt hätten, uns eine elektronische Lösung auszudenken, die ohne Belege aus käme. Unterm Strich will sie mit dem Gesetz eigentlich nur das Beste für uns, sagt sie sinngemäß.  „Wenn diese [steuerunehrlichen Unternehmen] zukünftig vom Markt verschwinden kommt das … steuerehrlichen Unternehmen zu Gute.“

Herr Binding schließt seine Antwort mit einem Vorwurf ab: „Dass Sie nun, drei Jahre nach Beschlussfassung aber drei Wochen vor der Bon-Ausgabepflicht Ihre Umweltargumenten vortragen… kommt Ihnen das nicht auch merkwürdig vor?“

Nun backen wir schon ökologisch, nach Demeter-Richtlinien, da gab es noch gar keine gesetzliche Öko-Verordnung. Unser Betrieb arbeitet praktisch CO2-frei. Wir haben den Umweltgedanken nicht jetzt erst erfunden.

Hätte er unser PS gelesen, hätte er auch der Vorwurf mit den 3 Jahren als Eigentor erkannt. Unsere Zeitleiste sieht so aus:

Wir haben, nachdem wir von unserem Steuerberater am 17.9.2019 informiert wurden und erstmalig von der Regelung erfahren haben, eine Befreiung beantragt, bzw. am 18.9.2019 unseren Steuerberater damit beauftragt und ihm eine Begründung dazu beigelegt. Eine Befreiung, die nach Gesetzestext in unserem Fall eigentlich leicht möglich sein sollte.

Merkwürdig kommt uns vor, dass nach 3 Jahren, die das Gesetz nun alt ist, die Finanzbehörden so einer Befreiung nicht zustimmen können, weil bei diesen noch bundesweiter Abstimmungsbedarf bestehe und es keine Abschätzung gibt, bis wann diese Abstimmungen abgeschlossen sein sollen. Das hätten die Länder in den 3 Jahren doch schaffen können… kommt Ihnen das nicht auch merkwürdig vor?

Wir haben davon am 5.12.2019 erfahren und sind unmittelbar, am 6.12.2019 auf unsere Bundestagsabgeordneten, Herrn Barthle (CDU) und Herrn Lange (SPD), zu gegangen. Mit Herrn Barthle hatten wir daraufhin am 7.12.2019 ein persönliches Gespräch – und wir konnten ihm eine Ladung Bons mit bringen.

Von Herrn Lange liegt uns bis heute leider keine Rückmeldung zur Sache vor. Mehrmaliges telefonisches Nachfragen scheiterte.

Die Feuerwehr

Wir haben beim Kommandanten der Feuerwehr angefragt, ob er bezüglich der Papiermengen Brandschutzprobleme sieht. Das konnte er verneinen. Auch bei der Lagerung müssten wir uns brandschutztechnisch keine besonderen Gedanken machen. Die Feuerwehr in Gmünd sieht die Sache also etwas entspannter als bei dem Bäcker in Berlin.

Sehr viel mehr Sorge bereite der Feuerwehr die Handhabung der gelben Säcke. Diese würden sehr leicht und sehr stark brennen. Problematisch sieht er sowohl die Lagerung in Gebäuden, wie auch das Stapeln das Säcke vor den Gebäuden am Abend vor der Abholung. Da brauche nur einmal ein Mensch eine Zigarettenkippe drauf werfen…

Die Stadt Schwäbisch Gmünd

Die Stadt hat uns für morgen zu einem Gespräch eingeladen. Der Grundtenor ist ebenfalls eine deutliche Ablehnung der Belegausgabepflicht. Die Stadt schätzt, dass etwa 100 Geschäfte besonders viele ungewollte Bons drucken müssen.

Bundesministerium der Finanzen

Das Finanzministerium hat sich per Mail gemeldet, und Antwortet für Herrn Scholz, den wir am 9.12.2019 angeschrieben haben. Das Ministerium erklärt noch einmal, dass es einem frei gestellt ist, das mit Papier oder sonst wie zu machen. Außerdem weißt es darauf hin, dass die Belegausgabepflicht schon in mehreren Staaten Praxis sei.

Ein persönliches Gespräch wird als unmöglich abgelehnt. Dafür sei man mit den Lobbyverbänden in stetigen Austausch. Protestieren dürften wir aber natürlich.

Das Finanzamt

Das Finanzamt Schwäbisch Gmünd teilte uns bereits am Montag mit, dass man weiter keine Aussage machen könne, bis wann das Finanzamt über eine Befreiung entscheiden dürfe. Wenn es dann soweit sei, würden wir angeschrieben werden.

Bon-Papier

Ein Kollege aus NRW hat uns auf neuartiges Thermopapier hingewiesen, das ohne Chemie aus kommt und im Altpapier entsorgt werden darf. Wir haben ein paar Kartons bestellt und sind gespannt, wie gut diese funktionieren.

Die Öko-Bons kosten in etwa 50% bis 100% mehr als übliche Chemie-Bons.

Update 13 Mittwoch

Wir haben auf dem Rathaus mit der Stadt die Zahlen zum Bon-Müllaufkommen überschlagen. Ganz grob kommen wir auf rund 20 t zusätzlichen Restmüll im Jahr. Alleine die Abfallgebühren dafür betragen 26.000€. Das zahlen die Bürger in Gmünd.

Die Stadt schätzt, dass etwa 10-20 zusätzliche öffentliche Mülltonnen benötigt werden könnten. Zudem will sie die Brandgefahr überprüfen, insbesondere da die aktuellen Tonnen einen Aschenbecher oberhalb der Restmülltonne angebracht haben.

Das Rathaus will sich auch an unserer Unterschriftenaktion beteiligen.

Eine tolle Nachricht nebenbei: Der Klimabeauftrage der Stadt konnte mir mitteilen, dass die Stadtwerke ab 2020 für Neuverträge grundsätzlich Ökostrom als Standard anbieten werden, nicht Graustrom, wie bisher. Wer also CO2-Strom haben will, muss sich aktiv dafür entscheiden und den Klimaschutz abwählen.

Als ich ein solches Vorgehen im April 2019 in einem Gespräch mit dem Oberbürgermeister vorgeschlagen hatte, traf dieses Ansinnen noch auf Ablehnung. Jetzt geht es doch! \o/

Da soll mal einer sagen, mit der Politik oder der Verwaltung zu sprechen würde nichts bringen!

Update 14 Donnerstag

Der SPD-Bundestagsabgeordnete aus unserem Wahlkreis, Christian Lange, wird uns am 13.01.2020 besuchen. Ansonsten verwies die Mail mit dem Terminvorschlag auf das Schreiben von Herrn Binding; siehe oben.

Update 15 Freitag

Finanzverwaltung

Die Finanzämter widerrufen wohl bereits genehmigte Freistellungen von der Belegausgabepflicht.

Bundesregierung

Die Bundesregierung insgesamt verteidigt das Gesetz. Es soll nur wenige Ausnahmen geben und keine generellen Freigaben für bestimmte Branchen.

Für Befreiungen soll aber auch explizit der Umweltschutz als annehmbarer Grund gelten, da dieser für die Bundesregierung ein wichtiges Ziel darstellt.

Bäckerinnung

In der Bäckerinnung wird diskutiert, Kartons mit ungewollt gedrucken Bons LKW-Weise an die Abgeordneten in den Bundestag anzuliefern.

Des Weiteren möchte man sich weiter für eine generelle Befreiung der Bäcker aus Umweltschutzgründen stark machen.

SPD

2015: Die SPD kauft sich in einen Kassenhersteller ein, der ihr inzwischen zu knapp 50% gehört: LocaFox POS.

2016: Die SPD macht mit dieses neue Kassen-Gesetz inklusive Bonausgabepflicht, bei dem mutmaßlich bis zu 1,5 Mio Kassen in Deutschland ersetzt werden müssen.

Wir haben Fragen.

Der fragliche Kassenhersteller ist telefonisch nicht erreichbar. Der Telefoncomputer verspricht zwar einen Rückruf, bis dato ist der jedoch nicht erfolgt.

Links

Ein sinnloser Papierberg
Ein sinnloser Papierberg

Belegausgabepflicht – Erzwungener Müll und Klimaschaden

Ab dem 1.1.2020 muss bei jedem Verkauf, der über eine Ladenkasse abgewickelt wird, der Beleg für den Kunden ausgedruckt werden. Dabei ist es gleichgültig, ob der Kunde den Beleg haben will oder nicht. Der Kunde ist nicht verpflichtet, den Beleg mit zu nehmen.

Belege, die keiner will. Das sind ungewollte Belege aus 6 Stunden Verkauf.
Belege, die keiner will. Das sind ungewollte Belege aus 5 Stunden Verkauf.

Das hat Konsequenzen in der Bäckerei

  • ca. 50 x mehr Papierbedarf für Bons
  • 98 % der Kunden nehmen den Bon nicht
  • Bons müssen in den Restmüll
    • das Papier ist beschichtet
    • beschichtetes Papier darf nicht ins Altpapier
  • Bons müssen vor der Entsorgung datenschutzkonform vernichtet werden
    • Bons sind personenbezogen und enthalten zum Teil pseudonyme Daten (Kunde ist eine fortlaufende Nummer, die Rechnung eine Bestellung einer individuellen Person) und zum Teil persönliche Daten im Klartext, wie der Name des Personals, das den Bon ausgestellt hat.
    • Mit einer großen Menge Bons (z.B. aus dem Restmüll des Betriebs) kann man Betriebsdaten, Mitarbeiterdaten und Kundenverhalten rekonstruieren, bis hin zu Verhalten von Stammkunden.
    • Man benötigt neben dem normalen Aktenvernichter einen zweiten Aktenvernichter für Restmüll (und viel Zeit am Schredder)
  • Erhebliche Brandgefahr durch große Mengen lagernder, leicht brennbarer Papierbons bzw. Papierschnipsel.
  • Herstellung, Transport und Entsorgung der Belege sorgen für sinnlosen CO2-Ausstoß, vom Fällen der Bäume bis zum Verbrennen der Bons in der Müllverbrennung.
    • wird bei der Verbrennung Strom erzeugt, gilt der als Ökostrom.
  • Theke und Technik in der Bäckerei muss umgebaut und angepasst werden
    • wir benötigen einen weiteren Drucker und müssen das System anpassen lassen.
    • die Einbauorte der Drucker müssen überprüft werden
    • insbesondere der Umgang mit dem Müll, der nun beim Bedienvorgang zwangsentsteht muss geplant werden, so dass der Müll keine Gefahr für das Personal darstellt (Stolperfalle, Rutschgefahr durch  Papierschlangen auf dem Boden, etc.)
    • es gibt inzwischen spezielle Mülleimer, die so angebracht werden können, dass der Drucker direkt in den Mülleimer druckt. Leider können wir einen solchen nicht umsetzen. Auch gibt es noch keine Bondrucker, die den Bon auch gleich schreddern. (Es gibt allerdings welche, die den Bon gleich verbrennen)

Formal lässt das Gesetz zu, dass Betriebe eine Befreiung von der Belegausgabepflicht beantragen können.

Bei Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen können die Finanzbehörden nach § 148 aus Zumutbarkeitsgründen nach pflichtgemäßem Ermessen von einer Belegausgabepflicht nach Satz 1 befreien.

Das Finanzamt hat uns das bisher verwehrt und gibt uns schriftlich an, die Behörden müssten sich erst noch bundesweit zum Umgang mit diesem Gesetz aus 2016 abstimmen.

Belege, die keiner will. Auch wenn man nur eine Brezel kauft, muss ein Stück Baum sterben.
Belege, die keiner will. Auch wenn man nur eine Brezel kauft, muss ein Stück Baum sterben.

Kundenmeinung

Wir haben diesen Samstag beispielhaft die Verordnung umgesetzt und dabei einen großen Haufen Müll vor der Theke erzeugt. Über 350 Kunden haben bei einer Unterschriftensammlung innerhalb weniger Stunden, ihren Protest geäußert und uns gebeten, für sie die ungewollten Kassenbons bei den für den Zustand verantwortlichen Politikern regelmäßig abzugeben. Nur 7 der angesprochen Kunden haben nicht unterschrieben, darunter ein Finanzbeamter, der nicht gegen seinen Arbeitgeber votieren wollte.

Diese Ablehnung übertrifft noch die Quote einer Umfrage im Internet. Dort haben sich 90 % der Umfrageteilnehmer dafür ausgesprochen, dass der Laden als Dienstleistung für den Kunden die Kassenbons regelmäßig bei der Politik ab gibt.

Die Politik

Wir haben dankbarerweise kurzfristig einen Termin bei unserem direkt gewählten Bundestagsabgeordneten, Norbert Barthle (CDU), erhalten und konnten mit ihm sprechen. Mit im Gepäck die 350 Unterschriften und einen inzwischen etwas zusammengedatschten Papierberg mit den ungewollt gedruckten Kassenbons.

Obwohl Herr Barthle mit seiner Fraktion das Gesetz 2016 mit verabschiedet hat und die Presse in den letzten Wochen stark über das Thema berichtet, war ihm die Problematik nicht bekannt.

Eine Kiste voll mit ungewollten Kassenzetteln
Jürgen Stemke, Norbert Barthle MdB, Bäckermeister Frank Stemke. Foto: Susanne Barthle

Herr Barthle versprach uns, einen Mitarbeiter unmittelbar auf das Problem anzusetzen. Einmal solle dieser prüfen, wie das Gesetz gemeint war, was der Sinn dahinter sei und warum es nun zu  so einem Problem komme, dass er so auch nicht nachvollziehen kann.

Als mögliche temporäre Lösung haben wir angeregt, dass der Bund das Gesetz zunächst aussetzen könnte, bis (auch bei den Behörden) Klarheit über das Vorgehen und die Art der Anwendung herrsche. Auch dem möchte Herr Barthle nach gehen.

Bei einem anderen Teil dieser Gesetzesänderung ist man bereits so verfahren. So schreibt das Gesetz vor, dass Kassen ab dem 1.1.2020 fälschungssicher sein müssen. Da die Industrie solche Kassen derzeit nicht liefern kann, wurde dieser Teil des Gesetzes bereits vorläufig ausgesetzt.

Fazit

Die Unsicherheit bleibt. Die Verärgerung auch. In unserem Geschäft haben sich zahlreiche Kunden lautstark über diese erzwungene Umweltverschmutzung beschwert, die dem Klimaschutz entgegen läuft. Die aktuelle Politik sei nicht mehr normal, so der Tenor der Gmünder, die noch beim Bäcker kaufen.

Am Montag versuchen wir, ein Gespräch mit dem Finanzamt zu führen.

Update Montag: Die zuständige Abteilungsleiterin des Finanzamts Schwäbisch Gmünd versteht die Brisanz. Ihr seien allerdings zunächst von oberster Bundesstelle (Karlsruhe) die Hände gebunden. Bis Mittwoch sollen einige Abstimmungsrunden laufen. Sie möchte uns auf jeden Fall am Donnerstag Nachmittag anrufen, um den Stand der Dinge zu berichten.

Update 2 Montag: Herr Weltz, vom Bürgerreferat des Finanzministeriums, gab an, sie würden die Pakete dann zurück schicken, mit der Bitte, sie dann an das Ministerium in BaWü zu schicken, weil das zuständig sei, auch wenn es ein Bundesgesetz ist.

Außerdem gibt das Ministerium an, dass kein Müll produziert würde. Es handele sich um Dokumente.

Update 3 Montag: Das Büro unseres Bundestagsabgeordneten Christian Lange (SPD) hat sich gemeldet und Informationen nachgefragt. Auch hier wolle man sich kümmern, da die Sache ja etwas eilig scheine. Insbesondere interessierte sich das Büro für die Begründung der Ablehnung der Befreiung durch das Finanzamt.

Update 4 Montag: Kunden haben von unserer Aktion gehört und wollten von sich auch auch unterschreiben. So haben wir inzwischen über 400 Unterschriften.

Update 5 Montag: In der FAQ der Homepage des Bundesfinanzministeriums kann man erfahren: Wer der Bonausgabepflicht nicht nach kommt, wird deswegen nicht sanktioniert. Man bleibt also straffrei.

Update 6 Dienstag: Frau Mohrmann vom Finanzministerium sagt, dass ein Zwangsgeld in einer Höhe bis zu 25.000 Euro angedroht werden kann, wenn man der Belegausgabepflicht nicht nach kommt. Das widerspricht der FAQ des Ministeriums.

Update 7 Dienstag: Altmaier: Die Belegabgabepflicht für Bäcker soll abgeschafft werden. Dies war der Tenor auf der heutigen CDU-Bundestagsfraktionssitzung, nachdem Norbert Barthle das Thema auf den Tisch gebracht hat.

Danke an alle, die sich in den letzten Tagen und Wochen für das Thema stark gemacht haben!

Update 8 Donnerstag: Nachdem die Union die Belegausgabepflicht kippen will, meldet sich die neue SPD-Spitze. Walter-Borjans will die Belege gedruckt haben.

Also haben wir in seinem neuen Vorstandsbüro angerufen. Ich habe selten einen unfreundlicheren Gesprächspartner am Telefon gehabt. Man wusste vom Thema gar nichts. Man wollte auch nichts davon wissen. Man hat uns mit jedem Satz an unseren Bundestagsabgeordneten verwiesen.

Der Mitarbeiter des Büros wollte uns auch weder seinen Namen nennen, noch eine Adresse, an die wir im Auftrag unserer Kunden ungewollte Bons schicken können, die Walter-Borjans gerne gedruckt haben will.

Wir haben daraufhin mit dem Büro von Christian Lange, MdB SPD gesprochen. Man hat sich vielfach für das Verhalten des Vorstandsbüros entschuldigt. Leider gibt es hier frühestens ab Montag einen neuen Status. Die Adresse sei aber das Willy-Brandt-Haus.

Inzwischen wurde uns auch zugetragen, dass der Landesverband NRW ebenfalls die Bäcker ermutigen will, die ungewollten Bons an die Politik zu senden. Da können sich Leute aber über richtig Post freuen.

Update 9 Donnerstag: Wir haben Landesbeauftragten für den Datenschutz in Stuttgart angerufen, um uns zu versichern, dass wir die Kassenzettel schreddern müssen, bevor sie im Restmüll landen oder bei einem Politiker. Die Antwort ist eindeutig:

Ja, Kassenbons müssen vor dem Entsorgen geschreddert werden. Mindestens mit einem Schredder der Klasse P3, besser P4 oder besser. Es handelt sich um Dokumente mit personenbezogenen Daten.

Unsere eigene Bewertung zum Datenschutz ist damit zu 100% bestätigt.

Die Dame vom Datenschutz – die unsere Bäckerei kennt – hat aber noch eine ganz andere Frage aufgeworfen. Sie fragt sich, welche Gedanken sich der Gesetzgeber beim Verabschieden dieses Gesetzes zum Thema Datenschutz gemacht hat. Als betroffener Bürger (wenn ich im Verkauf bin, steht mein Name auf dem Bon), habe ich natürlich sofort nachgefragt. Dieser Frage geht sie jetzt nach. Das wird aber etwas dauern.

Update 10 Freitag: Ein Bäcker aus Berlin weist uns auf die erhöhte Brandgefährdung hin. – Die Berliner haben ja mit Brandschutz Erfahrung, die Stuttgarter wird es da ja erst noch erwischen, wenn die neue Haltestelle Stuttgart, die den Hauptbahnhof ersetzen soll, so weit ist. – Der Berliner schreibt, die Brandlasten für Entstehungsbrände seien gigantisch.

  • Es müssen selbstlöschende Abfallsammler installiert werden
  • Sie dürfen in keinem Fall in oder an Rettungswegen stehen
  • Der „Müll“ muss in angemessenen Abständen in feuerfeste Behältnisse mit dicht schließendem Deckel verbracht werden
  • Mülltonnen müssen sich 5 Meter vom Haus entfernt befinden

All diese Punkte wären in unserem historischen Fachwerkhaus nicht umsetzbar. Die Feuerwehr Schwäbisch Gmünd war heute zu keiner Stellungnahme bereit. Wir sollen uns ab Montag an den Kommandanten, Herrn Schubert wenden.

Ebenso stellt sich die Frage nach der Brandgefahr im Mülllaster. Immer wieder liest man von Berichten, bei denen sich Müll im Fahrzeug entzündet hat.

Links

 

Ein sinnloser Papierberg
Ein sinnloser Papierberg. Hier sehen wir 3 verschwendete Kassenrollen nach 5 Stunden Verkauf